Frankfurt schnappt Oldenburg Wunderhorn weg

Der Frankfurter HC hat das Robert-Schumann-Turnier 2012 gewonnen. Im Endspiel am heutigen Sonntag (26.8.2012) spielte der FHC groß auf. Der in den vergangenen drei Jahren jeweils siegreiche Gastgeber VfL Oldenburg geriet beim 30:25 (11:11)-Erfolg des FHC in den zweiten 25 Minuten früh ins Hintertreffen. Für den VfL könnte sich das Spiel als folgenschwer erweisen, da sich Kim Birke am Knie verletzte. Die Linksaußen wird am morgigen Montag mittels Kernspintomografie untersucht.


Ansonsten erlebten die Zuschauer in der oft vollbesetzten Robert-Schumann-Halle an zwei Tagen ein von der Bundesliga dominiertes Turnier. Auf Rang drei landete die HSG Bad Wildungen, Vierter wurde die HSG Blomberg-Lippe. „Das zeigt, dass die Bundesliga in der Breite doch sehr gut aufgestellt ist“, kommentierte Blombergs Trainer Andre Fuhr das Ergebnis.

Mietzner trifft neunmal im Endspiel

Über 500 Zuschauer drängelten sich im Endspiel auf der Tribüne der Robert-Schumann-Halle und sahen einen Blitzstart des VfL. Der hatte schon bei seinen Siegen gegen Bad Wildungen (7:0) und Blomberg (9:0) frühe Serien hingelegt und schien auch gegen Frankfurt schnell auf der sicheren Seite. Nach sechs Minuten warf die von zwei Gegnerinnen bedrängte Maike Schirmer das 5:1, Lois Abbingh mit einem trockenen Wurf wenig später das 7:2 (9.). Doch nach und nach stellte sich der FHC auf das schnelle Oldenburger Spiel ein, wurde selbst bei eigenem Ballbesitz immer effektiver. Rückkehrerin Anne Jochin traf mit einem Doppelschlag in der 21. Minute zum Ausgleich (9:9), Christine Beier zur ersten Führung (10:9/22.). Bei 11:11 wurden die Seiten gewechselt.

Acht Minuten blieb der VfL in der zweiten Hälfte gleichwertig (15:15/29.), dann zog Frankfurt mit fünf Toren in Folge davon (20:15/34.). Zwischenzeitlich führte der FHC mit acht Treffern Differenz (28:20/48., 30:22/49.). Der Sieg war so nicht mehr gefährdet.

„Wir haben gezeigt, dass mit uns zu rechnen ist“, sagte Franziska Mietzner nach der Partie. Neun Tore warf die Nationalspielerin im Finale und schob sich damit noch auf Platz eins in der Torschützinnenliste. In zwei Wochen beginnt die Bundesligasaison, Mietzner, die mit Beier und Jochin kongeniale Partnerinnen im Rückraum an der Seite hat, will ins Playoff-Halbfinale – das Oldenburger Turnier hat gezeigt: Frankfurt kann das schaffen – auch wenn das Team im Halbfinale gegen Bad Wildungen erst im Siebenmeterwerfen siegte. (22:20; reg. Spielzeit: 18:18).


Trainer Dietmar Schmidt sprach nach dem Turnier von „zweieinhalb tollen und wertvollen Tagen“ für sein Team: „Die Spiele waren alle sehr fair und sehr anspruchsvoll – wir kommen gerne als Titelverteidiger wieder.“ Im Gegensatz zur vergangenen Serie sei seine Mannschaft „breiter aufgestellt“. Auch Schmidts Ziel ist das Halbfinale.

Oldenburg überzeugt in vier Partien und sorgt sich um Birke

Vorjahressieger VfL galt vor und vor allem während des Turniers als Favorit. Zu deutlich hatte Oldenburg seine Gegner dominiert. „Aber im Endspiel haben wir keine Mittel gegen den großen Rückraum und Block Frankfurts gefunden“, sagte Wiebke Kethorn. Dennoch herrschte Zufriedenheit vor. „Wir haben Mittel genutzt, mit denen wir auch in der Liga punkten wollen“, sagte Trainer Leszek Krowicki. Zufrieden machte ihn auch, dass die Integration der drei Neuen, Rabea Neßlage und Thalke Bitter, bisher gut funktioniert. Am zweiten Tag zum Einsatz kam auch Nadine Smit, die eigentlich zum VfL-Drittligateam gehört.

Sorge allerdings bereitet das rechte Knie von Kim Birke. Ohne gegnerische Einwirkung verletzte sie sich Anfang der zweiten Hälfte. Schon drei Kreuzbandrisse hat die 24-Jährige in ihrer Karriere erlitten. Seit dem Frühjahr gehört Birke zur Nationalmannschaft und in der aktuellen Vorbereitung zu den Besten beim VfL. „Hauptsache, ich komme ohne Verletzung durch die Saison“, hatte sie vor kurzem noch gesagt.

Eine ganz starke Turnierleistung bot Laura van der Heijden. Nur im Endspiel konnte sie nicht an ihre zuvor gezeigte Klasse anknüpfen. Dennoch reichte es zum Individualtitel der besten Wunderhorn-Spielerin 2012.

Chorzow reichen Grzybs Tore nicht

Unter seinen Möglichkeiten blieb der polnische Erstligist Ruch Chorzow, der im Spiel um Platz sieben gegen den niederländischen Doublesieger SV Dalfsen mit 16:17 das Nachsehen hatte. „Unabhängig von den Ergebnissen waren die Spiele ein guter Unterreicht für meine Spielerinnen und auch für mich“, sagte Ruchs Trainer Janusz Szymczyk, der allerdings auch „gute Kämpfe meiner Mannschaft“ sah. Die übernächste Woche beginnende Saison in Polen will er mindestens wieder mit einem der acht Playoff-Plätze abschließen: „Wir haben gute Außen, einen guten Kreis, gute Torhüterinnen. Aber wir müssen uns im Rückraum verstärken. Da fehlt uns noch die Erfahrung.“ Überragend bei Chorzow agierte Linksaußen Kinga Grzyb, frühere Polenz, mit 29 erzielten Toren.

Dalfsen setzt 15-Jährige ein

Sein gutes Niveau trotz des vorletzten Platzes bewies der letztjährige Wunderhorn-Dritte SV Dalfsen. Drei wichtigen Abgängen zum Trotz verpasste der SVD nur denkbar knapp das Halbfinale. Im Vorrundenspiel gegen Blomberg lag Dalfsen kurz vor Schluss mit drei Toren vorne, gab die Partie beim 23:24 aber noch aus der Hand. „Die spielen auch einen guten Ball, die bewegen sich, die sind homogen“, sagte Fuhr. Dalfsens Coch Peter Portengen, der in Roos van Leeuwen eine auch als fünffache Torschützin erfolgreiche 15-Jährige einsetzte, sprach daher nicht zu Unrecht von „ein bisschen Pech“. Immerhin habe seine Mannschaft einige gute Spiele gezeigt.

Falster steigert sich am Sonntag

Im Spiel um Platz fünf setzte sich der dänische Zweitligist Nykobing Falster HK gegen Duslo Sala aus der Slowakei mit 17:12 durch. Die ambitionierten Däninnen hatten am Samstag noch alle drei Vorrundenspiele klar verloren, steigerten sich aber am Sonntag deutlich. Duslo Sala hatte am Samstag gegen Chorzow und Bad Wildungen mit jeweils nur einem Tor verloren, gegen den VfL beim 19:26 aber klar im Hintertreffen gelegen. Fünf Abgänge muss Duslo Sala verkraften. „Aber wir haben eine junge und entwicklungsfähige Mannschaft“, sagte Trainer Thomas Kutka. „Zweimal haben wir etwas Pech gehabt, nur gegen Oldenburg war der Unterschied deutlich. Aber sonst haben wir ordentlich gespielt.“


Scheidender Turnierchef Brand erhält Ehrennadel

Die wenig erfolgreichen Auftritte ausländischen Mannschaften ärgerten auch Turnierchef Michael Brand: „Für ein internationales Turnier ist es kein gutes Zeichen, wenn alle ausländischen Mannschaften in der Vorrunde scheitern.“ Allerdings hatten die vier Teams auch sehr gute Momente – Dalfsen etwa oder der in der Defensive überzeugende slowakische Vertreter Duslo Sala. Insgesamt zog Brand, der für die Organisation des Turniers seit 2002 – also zum elften Mal – verantwortlich war, ein gutes Fazit: „Der gute Zuspruch macht Mut, im Ablauf lief auch alles.“ Der seit Jahren kleiner werdende Etat des Robert-Schumann-Turniers würde seine Nachfolgerin Heike Horstmann allerdings vor Probleme stellen. Brand: „Ich bin mir sicher, dass sie es schafft.“ An die Zuschauer gewandt, sagte er: „Nächstes Jahr sehen wir uns alle wieder – aber ich bin dann Zuschauer.“ Für seine Verdienste um das Turnier erhielt Brand aus den Händen von Vereins-Präsident Günther Bredehorn nun die goldene Ehrennadel des VfL Oldenburg überreicht.

Bad Wildungen überzeugt

Dritter wurde die HSG Bad Wildungen, die im Kleinen Finale über HSG Blomberg mit 16:14 triumphierte. „Das war schon sehr ordentlich“, sagte Trainer Markus Berchten. „Am ersten Tag war ich nur mit der Abwehrleistung zufrieden, heute aber haben wir wesentlich besseren Handball geboten und im Angriff strukturierter und konstanter gespielt.“ Gegen Blomberg warf Cristina Mihai zwar nur ein Tor, aber die Halbrechte scheint nach langer Verletzungspause bereits ihre alte Klasse gefunden zu haben. Mit 23 Toren belegte sie zusammen mit Frankfurts Beier Platz drei in der Torschützinnenliste. „Es geht voran, aber bei 100 Prozent bin ich noch nicht.“

Der Wunderhorn-Vierte Blomberg muss in dieser Saison ohne Michaela Hofmann und Sabrina Richter auskommen. „Wir haben viele Spielerinnen mit hoher Qualität, die aber noch am Anfang ihrer Entwicklung stehen“, sagte Trainer Andre Fuhr. Die mangelnde Erfahrung dürfte auch ein Grund dafür gewesen sein, dass Blomberg im Halbfinale gegen den VfL mit 0:9 hinten lag. „Wir dürfen gegen Oldenburg verlieren, aber im leben nicht so hoch hinten liegen. In einer vollbesetzten Halle muss man den Favoriten ärgern wollen.“ Das hatte dann aber nur der Frankfurter HC geschafft.  

Ehrungen
Fairnesspreis: Nykobing Falster HK
Torschützenkönigin: Franziska Mietzner (Frankfurter HC/34 Tore)
Beste Torhüterin: Manuela Brütsch (HSG Bad Wildungen)
Beste Feldspielerin: Laura van der Heijden (VfL Oldenburg)

Aufstellungen Endspiel: Frankfurter HC – VfL Oldenburg 30:25 (11:11).

Frankfurt: Burrekers, Hermann; Nega 1, Mietzner 9, Schneider 2, Wegner 3, van Capelle, Jochin 6/1, Gubernatis 1, Scheidemann, Uchibayashi 2, Beier 6, Rost.

Oldenburg: Wester, Renner; Birke, Smit 1, Schirmer 1, Wenzl 6, Abbingh 6/1, van der Heijden 1, Neßlage, Kethorn 3, Neuendorf 5, Wester, Winter 2.)


Mannschaft / Spielerinnen / Tore

Duslo Sala: Adriana Grandtnerova 0, Reka Bizikova 2, Ivana Trochtova 8, Michaela Porubska 4, Stanislava Kovacova 1, Zuzana Piskayova 2, Lucia Beresova 14, Sofia Demajova 18, Martina Turociova 0, Martina Tulipanova 4, Simona Szarkova 10, Lucia Sukennikova 14, Barbora Durechova 2, Nikola Rackova 1.

Bad Wildungen: Sina Ritter 9, Sabine Heusdens 17, Annika Busch 4, Tessa Cocx 11, Theresa Loll 0, Patricia Puskasova 1, Miranda Robben 7, Manuela Brütsch 0, Cristina Mihai 23, Romana Grausenburger 3, Rebeca Bruzon 0, Laura Vasilescu 7, Julia Gronemann 0.

SV Dalfsen: Annick Lipman 0, Esther Schop 8, Fabienne Logtenberg 16, Sharina van Dort 10, Nicol Kooiker 12, Martine Smeets 11, Myrthe Schoenaker 10, Alineke Ros 4, Yarah Nijboer 6, Lynn Knippenborg 6, Marion Oosterveld 5, Roos van Leeuwen 5.

Nykobing Falster: Althea Reimhandt 0, Camilla Maibom 14, Maria Sørensen 13, Janni Havlykke 1, Camilla Fangel 0, Mia Møldrup 3, Nadja Mortensen 6, Rikke Iversen 8, Sandra Mittet 0, Julie Sandau 2, Cecilie Pedersen 10, Emilie Schutlz 2, Josefine Junlikon 0, Trinne Frederikson 1, Sidsel Buch Henriksen 0, Cecilie Woller 10.

Ruch Chorzow: Dominika Montowska 0, Agnieszka Pieniowska 10, Karolina Bryl 0, Karolina Jasinowska 7, Julita Kempa 3, Natalia Lanuszny 11, Kinga Grzyb 29, Monika Migala 8, Monika Karwat 0, Katarzyna Maslowska 0, Zaneta Sucheta 4, Kamila Rzeszutek 3, Joanna Rodak 0, Natalia Salamon Tatsiana Pekun 0, Monika Waz 0.

VfL Oldenburg: Julia Renner 0, Thalke Bitter 4, Kim Birke 11, Barbara Hetmanek 0, Maike Schirmer 6, Julia Wenzl 15, Lois Abbingh 19, Laura v. d. Heijden 21, Wiebke Kethorn 16, Sabrina Neuendorf 15, Rabea Neßlage 5, Tess Wester 0, Jennifer Winter 7.

Frankfurter HC: Annika Nega 4, Franziska Mietzner 34, Susann Schneider 5, Janine Wegner 7, Marindavan Cappelle 1, Melanie Herrmann 0, Anne Jochin 14, Friederike Gubernatis 12, Anja Scheidemann 5, Emi Uchibayashi 7, Christine Beier 23, Nadine Rost 5, Mandy Burrekers 0.

Blomberg/Lippe: Karen Knutsdottir 5, Wendy Smits 3, Caroline Thomas 13, Franziska Müller 16, Xenia Smits 16, Hildur Thorgeirsdottir 20, Marta Pilmayer 5, Noelle Frey 2, Angela Malestein 10, Anna Monz 0, Kim Berndt 8, Saskia Putzke 0, Isabell Roch 0.

Ole Rosenbohm / Presse VfL Oldenburg - 26.08.2012


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